Am 29. April startete im Landkreis St. Wendel ein Anbauversuch mit der Biomassepflanze "Durchwachsene Silphie“. Sie ist eine aus Nordamerika stammende Pflanze, welche sich in den letzten Jahren zu einer aussichtsreichen Alternative zu Mais als Energiepflanze entwickelt hat. Im Gegensatz zu Mais kann die Silphie, einmal auf der Fläche etabliert, als sogenannte Dauerkultur viele Jahre lang geerntet werden. An dem Anbauversuch beteiligen sich 9 Landwirte, darunter alle vier Biogasanlagenbetreiber im Landkreis, auf zusammen rund 45 ha. Unterstützt wird das Projekt vom Zukunfts-Energie-Netzwerk St. Wendeler Land e.V. im Rahmen des Bundesmodellvorhabens Land(auf)Schwung. Ziel ist die Etablierung der Biomassepflanze Durchwachsene Silphie im Landkreis St. Wendel, als alternative zum Mais in Biogasanlagen und als Viehfutter. Denn die Durchwachsene Silphie bietet vielfältige Vorteile gegenüber dem zu ersetzenden Mais als Biogassubstrat und Futterpflanze:
Die bisher bevorzugte Biomassepflanze, sowohl in der Viehfütterung, als auch insbesondere bei Biogasanlagen ist der Mais. Eine bewährte, züchterisch ausgereifte und aufgrund ihres großen Biomasseertrags je ha, hoch wirtschaftliche Nutzpflanze. Allerdings gibt es mit zunehmendem Anbau auch vermehrte Probleme. Dazu zählen, neben der in der Öffentlichkeit stark diskutierten „Vermaisung“ der Landschaft, in unserer Mittelgebirgsregion vor allem auch Erosionsprobleme durch ebenfalls zunehmende Starkregenereignisse auf den Maisäckern. Als windbestäubte Pflanze liefert Mais den Insekten (Bienen) auch kein zufriedenstellendes Nahrungsangebot. Der Anbau bringt zwangsläufig auch eine jährlich wiederkehrende intensive Bodenbearbeitung und Pflanzenschutzmaßnahmen mit sich.
Im Gegensatz dazu ist die durchwachsene Silphie eine Dauerkultur, die nach erfolgter Etablierung 15 bis 20 Jahre auf der jeweiligen Fläche genutzt werden kann. Mit ihrem weit verzweigten und bis zwei Meter in den Boden ragenden Feinwurzelsystem nimmt sie Nährstoffe auch in der vegetationsfreien Zeit auf und schützt den Boden vor Erosion. Zudem erfolgt ein Humusaufbau durch verbleibende, sich zersetzende Pflanzenreste, was die Bodenstruktur nachhaltig verbessert und langfristig CO2 bindet. Auch Herbizidmaßnahmen sind meist nur im ersten Anbaujahr erforderlich. In den Folgejahren blüht die Pflanze von Juli bis September sehr intensiv und bietet damit vielen Insekten und damit auch den Bienen vor allem wertvolle Pollennahrung von unbehandelten Pflanzen in einer sonst blütenarmen Zeit. Durch den dauerhaften Bewuchs der Flächen und einen früheren Erntezeitpunkt als der Mais sind die Flächen für die Landwirte besser befahrbar und die sonst üblichen Arbeitsspitzen bei Aussaat und Ernte von Mais werden deutlich entschärft. Weiterhin entschärft sich die Wildschadensproblematik, da insbesondere die Wildschweine hier keine wesentlichen Schäden verursachen.
Von den zahleichen Vorteilen der Pflanze profitieren also nicht nur die Landwirte, Imker und Jäger, sondern letztlich alle in der Region durch einen Beitrag zum Umweltschutz.
Hintergrund:
Von den Vorteilen der Pflanze Durchwachsene Silphie weiß man schon länger. Jedoch konnte sie sich bisher nicht durchsetzen, weil sie sehr aufwendig und kostenintensiv mit bereits vorgezogenen Setzlingen gepflanzt werden musste. Im ersten Anbaujahr bringt die Pflanze zudem keinen Ertrag, da sie nur eine kleine Pflanzenrosette bildet und damit auch der Begleitvegetation schutzlos ausgeliefert ist. Zwischenzeitlich wurde in Baden-Württemberg ein neues Anbauverfahren Entwickelt, das jetzt am Markt angeboten wird. Durch eine Saatgutbehandlung verbessert sich die Keimfähigkeit, wodurch es jetzt möglich ist die Pflanze direkt auszusäen. Die Aussaat erfolgt dabei mit einer eigens umgebauten Sämaschine im Reihenwechsel gleichzeitig mit Mais. Der Mais sichert im ersten Anbaujahr einen, wenn auch deutlich geringeren, Ertrag von der Fläche und bietet der Silphie Schutz durch Beschattung und Unterdrückung sonstiger Begleitvegetation.
Nachdem 2016 in der Fachpresse vielfältig über das neue Anbaukonzept berichtet wurde haben sich am 07.09.2016 Vertreter der Fachgruppe Biomasse des ZEN im baden-württembergischen Ostrach-Hahnennest (Landkreis Sigmaringen) vor Ort über das neue Anbaukonzept für die Biomassepflanze Durchwachsene Silphie informiert. Aufgrund der positiven Erkenntnisse der Exkursion und einem großen Interesse hier in der Region, wurde am 21. November 2016 eine Veranstaltung zum Thema „Neues Anbaukonzept für die Biomassepflanze Durchwachsene Silphie im Landkreis St. Wendel“ durchgeführt. Hauptreferent war Ralf Brodmann - Landwirt, Mitbetreiber einer großen Biogasanlage und einer der beiden Entwickler des neuen Anbauverfahrens aus Hahnennest. Die Veranstaltung war mit zahlreichen Interessenten, weit über den Landkreis St. Wendel hinaus, sehr gut besucht. Alle Beteiligten zeigten sich an einem Anbauversuch in unserer Region sehr interessiert.
Durch das vom Bundesmodellvorhaben „Land(auf)Schwung“ geförderte Projekt können mehrere Versuchsflächen über den Landkreis verteilt etabliert und das wirtschaftliche Risiko reduziert werden. Die interessierten Landwirte können gemeinsam planen und sich fortwährend Austauschen und Synergieeffekte bei der Etablierung und Ernte nutzen. Zudem können interessierte Gruppen, wie Imker oder Jäger, direkt miteinbezogen und die Öffentlichkeitsarbeit unterstützt werden.
Weitere Informationen zur Pflanze Durchwachsene Silphie finden Sie unter www.donau-silphie.de